Neue Regelungen hinsichtlich Wegweisung, Betretungsverbot, Annäherungsverbot, Opfer- und Täterhilfe, in Kraft seit 2020.
Wegweisung
Wenn die Polizei bei häuslicher Gewalt eingreift, etwa weil das Opfer oder auch Außenstehende diese gerufen haben, kann sie den Täter (Gefährder) wegweisen. Das bedeutet, dass er die Wohnungsschlüssel an die Polizei abgeben und seine Sachen packen muss, denn er darf die Wohnung für 14 Tage nicht betreten.
Die Eigentumsverhältnisse spielen bei der Wegweisung und dem darauffolgenden Betretungsverbot keine Rolle. Der Gefährder kann auch weggewiesen werden, wenn ihm die Wohnung oder das Haus gehört.
Auch die Beziehung ist irrelevant. Es muss keine Partnerschaft bestehen, auch ein Mitbewohner oder sonstige Angehörige können Gefährder sein, sogar Kinder oder Jugendliche können notfalls weggewiesen werden.
Sind auch Kinder oder Jugendliche unter den gefährdeten Personen, muss die Polizei die Kinder- und Jugendhilfe informieren. Diese trifft dann ggf eigene Vorkehrungen zur Sicherheit.
Nach einer Wegweisung informiert die Polizei das Gewaltschutzzentrum. Dieses nimmt mit der gefährdeten Person Kontakt auf und informiert sie über weitere Möglichkeiten. Das Opfer erhält kostenlos Beratung und Unterstützung.
Betretungsverbot
Ab der Wegweisung gilt für 14 Tage ein Betretungsverbot. Das heißt, der Gefährder darf nicht in die Wohnung zurückkehren, auch nicht, wenn die gefährdete Person es erlauben würde. Das Betretungsverbot muss von der Polizei mindestens einmal kontrolliert werden. Sollte der Gefährder sich nicht daran halten, kann er sogar festgenommen werden.
Wenn während dieser zwei Wochen ein Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt wird, verlängert sich das Betretungsverbot.
Annäherungsverbot
Das Betretungsverbot umfasst auch ein Annäherungsverbot. Dieses gilt für den Umkreis von 100 Metern. Der Gefährder darf sich weder der Wohnung weiter als 100 Meter nähern, noch der gefährdeten Person. Das bedeutet, dass gefährdete Personen auch am Arbeitsplatz, in der Schule, im Kindergarten, beim Einkaufen,... sicher sind und der Gefährder dort nicht auflauern darf.
Der Gefährder kann allerdings Ausnahmen vom Betretungs- und Annäherungsverbot beantragen, etwa wenn er den gleichen Arbeitsplatz wie das Opfer hat oder innerhalb des 100-Meter-Radius seine Wohnung hat. Das muss aber begründet werden und die Interessen von Gefährder und gefährdeter Person abgewogen werden. Nicht möglich ist jedenfalls eine Ausnahme für das Betretungsverbot der Wohnung selber.
Einstweilige Verfügung
Einstweilige Verfügungen müssen bei Gericht beantragt werden. Wenn das Zusammenleben mit einer Person unzumutbar ist, etwa aufgrund eines körperlichen Angriffs, einer Drohung mit einem solchen oder eines die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigenden Verhaltens, kann für höchstens 6 Monate bzw für die Dauer des Scheidungsverfahrens oä die Rückkehr in die Wohnung verboten werden.
Wenn sogar das Zusammentreffen unzumutbar ist, aus selbigen Gründen, kann auch der Aufenthalt an bestimmten Orten oder die Kontaktaufnahme verboten werden. Auch das Verbot, sich einer bestimmten Person oder einem bestimmten Ort anzunähern, ist möglich. Eine solche EV kann für höchstens ein Jahr ausgesprochen werden.
Gesetzliche Grundlage für diese EVs sind § 382b EO für die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens und § 382e EO für die Unzumutbarkeit des Zusammentreffens.
Opferhilfe
Die Polizei muss nach einer Wegweisung das Gewaltschutzzentrum informieren. Dieses nimmt dann mit der gefährdeten Person Kontakt auf und informiert, unterstützt und berät.
Beratung durch das Gewaltschutzzentrum ist natürlich auch möglich, bevor es eine konkrete Gefährdungssituation oder Gewalteskalation gibt. Alle Infos dazu sind auf der Homepage des Gewaltschutzzentrums zu finden.
Täterhilfe
Ab 1. September 2021 hat der Gefährder die Pflicht, sich innerhalb von 5 Tagen ab der Wegweisung für eine Gewaltpräventionsberatung anzumelden. Diese muss dann innerhalb der nächsten 14 Tage erfolgen. Der Gefährder muss an dieser Beratung aktiv teilnehmen.
Kommt der Gefährder dieser Pflicht nicht nach, kann er zur Beratung vorgeladen werden. Das heißt, er wird notfalls von der Polizei hingebracht oder es werden Zwangsstrafen verhängt.
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